Suchtentstehung
Den Begriff Sucht gab es im offiziellen Sprachgebrauch der WHO von 1957 bis 1964. Der Begriff Sucht wurde später im WHO-Sprachgebrauch, durch Abhängigkeit und Missbrauch ersetzt. Der Begriff Sucht bezeichnet heute, die Abhängigkeit von einer Substanz (Alkohol, Heroin usw) oder eine bestimmte Verhaltensweise (Sexsucht, Arbeitssucht usw). Ein Zusammenspiel von vielerlei Faktoren und Kriterien in der Herkunft, Entwicklung, im Erleben und in der Alltagsbewältigung eines Menschen, in der Auseinandersetzung mit seiner Umwelt, was dazu führt, dass sich jeder von uns, verschiedene Lebensbewältigungsstrategien aneignet. Dazu gehört für manche der Gebrauch von Substanzen, um mit dem Alltag und seinen Problemen umgehen zu können. Allerdings stellt der Gebrauch von in die Abhängigkeit führenden Substanzen keine adäquate Verarbeitung dar und steht dieser überaus im Weg. Um einer solchen Fehlentwicklung vorzubeugen, muss eine Vorbeugung (Prävention) vor Substanzen, die in die Abhängigkeit führen, so früh wie möglich im Kindesalter beginnen. Das Elternhaus bildet das Fundament der frühkindlichen Entwicklung und ist das A und O in der weiteren Reifung des jungen Menschen zu einer gefestigten, stabilen und reifen Persönlichkeit.
Multifaktorielle Entstehung der Abhängigkeit
Die Entstehung einer Sucht nach Drogen wird aus dem Zusammenwirken dreier Hauptfaktorenkomplexe erklärt, und zwar der Persönlichkeit , der Droge und dem sozialen Milieu.
Der erste Faktorenkomplex, umfasst die Persönlichkeit
- die "prämorbide Persönlichkeit", d.h. die Persönlichkeit vor der Entstehung einer Abhängigkeit, wobei der Begriff einer sog. "Sucht-Persönlichkeit" umstritten ist.
- Heredität (Erblichkeit), z.B. genetische Belastungen, wie sie beim Alkoholismus bereits nachgewiesen werden konnten
- frühkindliches Milieu, z.B. "broken-home"-Situation bei Drogenabhängigen, d.h. Fehlen eines oder beider Elternteile durch Trennung, Scheidung oder Tod,
- sexuelle Entwicklung bzw. Fehlentwicklung, z.B. Neurosen oder Perversionen, die durch den Drogenkonsum kompensiert werden sollen
- aktuelle Erwartungshaltung an die Droge, z.B. angestrebte Bewusstseinserweiterung durch halluzinogene Drogen oder Euphorie durch Opiate, cool sein, entspannter sein
- es gibt keine typische Persönlichkeitsstruktur bei Süchtigen bzw. Abhängigen
Der zweite Faktorenkomplex, der die Entstehung einer Abhängigkeit nach Drogen beeinflusst, ist die Droge selbst
- die Art der Applikation bzw. Darreichungsform, z.B. das weniger gefährliche und keine körperliche Abhängigkeit erzeugende Inhalieren sogenannter "weiche Drogen" wie Cannabis gegenüber dem hochriskanten Injizieren von Opiaten, die sehr schnell zur körperlichen Abhängigkeit führen
- die Dosis der eingenommenen Drogen, z.B. therapeutische Dosis von Opiaten in der Schmerztherapie gegenüber dem hochdosierten Injizieren von Heroin bei Abhängigen von illegalen Opiaten die Dauer der Abhängigkeit; so gelingt die Überwindung der Abhängigkeit nach kurzfristigem Drogenkonsum eher als nach langjähriger körperlicher Abhängigkeit
- die Griffnähe; ein Drogenabhängiger in einer Großstadt mit einer "Drogenszene" gelangt eher an Drogen als ein Jugendlicher, der in ländlichen Gebieten lebt
- die Gewöhnung (Toleranz bzw. körperliche Abhängigkeit), insbesondere von Opiaten
- die individuelle Reaktion (so haben nach epidemiologischen Untersuchungen zwei Drittel aller sogenannten "Probierer" von Cannabis den Konsum auf Grund negativerkörperlicher Reaktionen (Übelkeit, Schwindel u.ä.) von selbst wieder eingestellt).
Der dritte Faktorenkomplex, der die Entstehungsbedingung der Drogenabhängigkeit betrifft, ist das soziale Milieu
- die familiäre Situation, z.B. broken-home mit fehlendem Elternhaus, fehlenden oder falschen Vorbildern, fehlende Liebe, Zuneigung und Urvertrauen
- der Beruf, z.B. Gefahr des Alkoholismus bei Gastwirten oder der Opiatabhängigkeit bei medizinischen Berufen (klassische Morphinisten),
- die Wirtschaftslage
- Sozialstatus, z.B. Ausbreitung der Opiatabhängigkeit bei Unterschichtjugendlichen mit defizitärer Schulbildung
- die Gesetzgebung, z.B. Gefahr der sekundären Kriminalisierung und des damit verbundenen sozialen "Drop-outs"
- die Religion; so zeigen amerikanische Untersuchungen, dass Amish oder Quäker mit starker religiöser Tradition im allgemeinen gegen Drogenabhängigkeit gefeit sind.
- Die Einstellung zur Droge; mitgeprägt auch durch Werbe- oder Modeeinflüsse, wie die zu Beginn der Drogenwelle durch einige Medien propagierte "Bewußtseinserweiterung durch halluzinogene Drogen", sowie in der Hippie-Mode und der psychedelischen Musik oder Kunst aufgenommene Einflüsse schließlich auch die
- Konsumsitten; so war der Konsum von Cannabis im afrikanischen Raum in bestimmte Rituale männlicher Erwachsener eingebettet, ebenso der Gebrauch natürlicher Drogen wie Peyote oder Meskalin in den religiösen Ritualen der Prärie-Indianer.
Droge |
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Soziales Milieu | |
Art der Applikation |
prämorbide Persönlichkeit |
familiäre Situation |
Weitere Informationen
- Textquelle: u.a. aus Kielholz,P., Ladewig, D.: Die Abhängigkeit von Drogen, 1973