Kindheit - sie hat großen Einfluss auf das weitere Leben - Eltern-Kind-Bindung von großer Bedeutung
Der Ursprung bzw. die Ursache vieler seelischer, psychischer Erkrankungen, liege in der Kindheit. Die frühe Prägung nach der Geburt und in den ersten Jahren, verleihe dem Kind sein Urvertrauen. Frühe Bindungsstörungen würden im Erwachsenenalter gewisse "Narben" hinterlassen. Sogenannte "Stressnarben".
Eltern-Kind-Bindung und Bindungserfahrungen sind entscheidend
" Man kann in der Wahl seiner Eltern nicht vorsichtig genug sein ! "
Paul Watzlawick, Psychologe
Dies beschreibt die enorme Verantwortung der engsten Bezugspersonen im frühen Kindesalter !
Viele Kinder haben gar keine Kindheit. Jedem Kind, als wunderbarem Geschöpf, sollte eine liebevolle Kindheit zustehen. Doch leider werden die Kinder in Verhältnisse geboren, die alles andere als eine wünschenswerte Gedeihumgebung sind. Viele Kinder erleben schlimme Dinge, bevor ihre Kindheit richtig begonnen hat. Ursachen können soziales Milieu, Krieg, Misshandlungen ... usw. ...sein. Weiter ist zu beachten, unter welchem Stern die Kinder geboren werden. Ist das Kind ein Wunschkind, war es ein Zufall oder spielte sexuelle Gewalt eine Rolle. Manchmal wird Kindern auch eine bestimmte Funktion zugeordnet, wie etwa die als Retter der Ehe oder als Alibifunktion oder zur Definition der Frauenrolle. Liebe, Zuneigung und Geborgenheit, sowie Verlässlichkeit sind die elementaren Dinge (Nestwärme) in den ersten Lebensjahren. Hinzu kommt die Art der Erziehung und das Vorbild, das die Eltern abgeben. Bildet die Familie eine (emotionale) Einheit, in der gemeinsame Dinge gepflegt werden ("Familienkultur"). Gemeinsames essen, reden, spielen, lachen und auch streiten (s. richtiges-streiten) gehören dazu. Gibt es Spontanität in der Familie oder nur starre Regeln. Uns allen gemeinsam ist das Bedürfnis nach Bindung, das uns ein Leben lang begleitet. Eine emotionale Verbundenheit zu einer bestimmten Person, die immer als Anlaufstation dient. Eine ungestörte Entwicklung des Kindes basiert auf sensibler Wahrnehmung der kindlichen Bedürfnisse, intuitiver elterlicher Zuneigung und entsprechender Reaktionen auf die kindlichen Regungen. Für eine gesunde Entwicklung des Kindes spreche eine geistig gesunde Mutter, nach Mutterverlust eine gute soziale, emotionale Ersatzstruktur (z.B. die Großmutter und der Großvater), eine gewisse Intelligenz des Kindes sowie ein aktives Temperament. Die Qualität des Ersatzmilieus spiele eine entscheidende Rolle. Heimkinder und Kinder depressiver Mütter würden ähnliche Entwicklungsdefizite aufweisen, da ihnen die entsprechende emotionale Resonanz fehle. Sichere kindliche Bindungserfahrungen bilden die Voraussetzung für die Balance und Harmonie der Bildung und Vernetzung der Nervenzellen mit der balancierten Ausschüttung von Stresshormonen (Cortisol) und den Wohlfühlhormonen (Endorphinen).
Das Unbewusste vergisst NIE
Eine bewusste Erinnerung an Erfahrungen vor dem dritten Lebensjahr sei nicht möglich, da die entsprechenden Hirnstrukturen (Hippocampus) noch nicht vollständig ausgebildet seien. Der Hippocampus sei ein Zellverband, der bewusste Langzeiterinnerungen speichere. Es finden Kopplungen von Gedächtnisinhalten mit Emotionen und Erkenntnissen statt. Frühe Erfahrungen vor dem dritten Lebensjahr, würden vom unbewussten Gedächtnis gespeichert. Sigmund Freud prägte hierfür den Begriff der "Infantilen Amnesie". Wissenschaftlich gebe es heute keinen Zweifel mehr daran, dass frühe kindlichen Erfahrungen an der Bildung des Nervenzellnetzwerkes im Gehirn mitwirken und so die spätere Persönlichkeit mit formen. Werde z.B. ein zweijähriges Kind ständig von seinen Bezugspersonen niedergebrüllt, könne sich im Erwachsenenalter möglicherweise eine Angststörung, Depression, Persönlichkeitsstörung oder eine unsichere soziale Kompetenz daraus ergeben (s. Problemlage von Kindern psychisch kranker Eltern). Statistiken von Jugend- und Gesundheitsämtern zufolge, würden nicht wenige Kinder mit mindestens einem Elternteil aufwachsen, der psychisch erkrankt sei oder an einer Sucht leide. Enger Kontakt zur Bezugsperson und konstante, adäquate Zuneigung bilden beim Kind in den ersten Lebensjahren das Urvertrauen. So hat das Kind auch bei kurzer Abwesenheit der Mutter, genügend Selbstvertrauen, um deren Rückkehr ohne Stress abwarten zu können. Etwa 90% der Aktivitäten im Gehirn laufen unbewusst ab. Unser aller Wohlbefinden (Kind oder Erwachsener) ist abhängig vom Unbewussten.
Das Ideal der reifen Persönlichkeit
Persönlichkeit ist die Summe aus angeborenem Temperament und erworbenem Charakter. Wobei der Charakter sich aus eigenen Werten, Zielen, Einstellungen und Gefühlen im Laufe eines Lebens bildet. Persönlichkeit ist eine Wesensart, die bei einem Menschen während des Lebens, eine gewisse Konstanz aufweist. Ein Kind kann seine Persönlichkeit voll ausbilden, wenn seine natürliche Veranlagung und die Umgebungsfaktoren harmonisch aufeinander abgestimmt sind. Durch die Bezugsperson, die die Stufen der Entwicklung begleitet und fördert, sich auf die jeweiligen Bedürfnisse des Kindes einlässt, kann die individuelle Entwicklung der Persönlichkeit ihre freie Entfaltung finden. Wenn Erich Fromm in seinen Grundpositionen zur Psychoanalyse von einer reifen Persönlichkeit spreche, spreche er im Sinne von Goethe, von einem Menschen, der sich gelöst hat von Mutter, Vater und der Herde und sich selbst Mutter, Vater und eigenes Gesetz geworden ist.
Der Weg zur Reife ist sehr lang, da das menschliche Gehirn die längste Zeit zur Reifung benötigt, verglichen mit anderen Lebewesen. Bestimmte Strukturen, die für die Emotionen zuständig sind (limbisches System) würden ihre endgültige Vernetzung mit anderen Hirnregionen erst während der Pubertät erreichen. Die könne auch das für Erwachsene oft unverständliche Verhalten von Teenie´s erklären. Von einem stabilen Erwachsenengehirn, mit völliger Ausreifung des Frontallappens (zuständig für Reife, Problemlösung, Handlungsplanung, Bewegung...) könne gar erst ab dem 21. Lebensjahr bei Frauen und ab dem 23. Lebensjahr bei Männern gesprochen werden.
Der Weg zur Reife ist sehr lang, da das menschliche Gehirn die längste Zeit zur Reifung benötigt, verglichen mit anderen Lebewesen. Bestimmte Strukturen, die für die Emotionen zuständig sind (limbisches System) würden ihre endgültige Vernetzung mit anderen Hirnregionen erst während der Pubertät erreichen. Die könne auch das für Erwachsene oft unverständliche Verhalten von Teenie´s erklären. Von einem stabilen Erwachsenengehirn, mit völliger Ausreifung des Frontallappens (zuständig für Reife, Problemlösung, Handlungsplanung, Bewegung...) könne gar erst ab dem 21. Lebensjahr bei Frauen und ab dem 23. Lebensjahr bei Männern gesprochen werden.
Ein Leben auf stabiler Basis trotz belasteter Kindheit
Es gibt Menschen, die eine höhere seelische Widerstandskraft (Resilienz; sog. "Survivors") besitzen, die sie trotz belasteter Kindheit (s. Problemlage von Kindern psychisch kranker Eltern) vor seelischer Krankheit beschützen. Diese Menschen sind in der Lage, Probleme und Frustationen zu überwinden ohne Symptome zu entwickeln. Es gehe im Leben nicht darum, gute Karten zu haben, sondern mit einem schlechten Blatt ein gutes Spiel zu machen (Robert Louis Stevenson).
Diese "Survivors" können stabile Partnerschaften leben und fühlen sich gesund. Schwere Niederlagen oder Krisen können sie bewältigen indem sie alleine dagegen angehen oder die Fähigkeit besitzen sich Hilfe Dritter holen zu können.
Die Tragik des "ungelebten Lebens"
Vielen Menschen aber falle das Leben schwer. Probleme könnten nicht adäquat angegangen werden. Sie sehen sich als "zu kurz gekommenen" in der Welt oder als "versagt zu haben". Sie würden sich immer als Gebende empfinden und nicht als Nehmende. Das Bedürfnis nach Nähe sei vorhanden, diese könne aber nicht ertragen werden. Die Tragik in ihrem Leben sei die eigene Empfindung, das Leben nicht gelebt zu haben. Man bezeichne dies in der Psychologie und Psychopathologie als Neurotizismus oder emotionale Instabiliät.
Fazit
Kindheit sollte eine unbeschwerte Zeit sein, in der gespielt, ausprobiert und ständig Neues erfahren werden kann. Eltern die sich ihrer besonderen Rolle bewusst seien und/oder diese fühlten, können für ihre Kinder ein Förderklima innerhalb der Familie herstellen und eine von Liebe und Beispiel geprägte "Familienkultur" pflegen. Dies wäre jedem Kind zu wünschen. Andere Kinder erfahren leider aber in ihrer Kindheit Verletzungen und Missbrauch, Demütigung und Angst. Eine Zeit also in der sie hilflos und abhängig sind und waren. Eine Prägung also im Positiven oder Negativen, die ihre langen Schatten in die Zukunft werfen kann. Die Kindheit hat vor diesem Hintergrund natürlich Auswirkungen auf das eigene Elterndasein im Heute. Man kann das Positive weitergeben, das man erlebt hat oder gerade weil man das NEGATIVE kennt, kann man alle Kraft daran setzen, die wünschenswerte "Familienkultur" herzustellen und eine neue Basis für eine liebevolle, emotionale Zukunft zu legen.
Man wisse heute, dass die Verschaltung der Nervenzellen im Gehirn unmittelbar mit den Erfahrungen in den ersten drei Jahren der Kindheit zusammenhänge. Diese Konfiguration des Gehirns, die hier in den ersten drei Lebensjahren stattfinde, steuere entscheident mit, wie dann als Erwachsener eigene Beziehungen gesucht und gelebt werde. Frühkindlicher Stress durch schlechte oder fehlende Bindungserfahrungen, aktiviere auf Dauer im Gehirn ähnliche Nervenzellvernetzungen wie bei Schmerzzuständen und Panikzuständen. Ein Kind werde dann zur starken Persönlichkeit, wenn es von den Bezugspersonen vermittelt bekomme, dass es nicht alleine und verloren sei und dass es wertvoll und wichtig sei und etwas könne. Bei der physischen Geburt handelt es sich in der Regel um Stunden, so dauere aber die "psychische" Geburt Jahrzehnte !
" Alle Kinder, solange sie noch im Geheimnis stehen, sind ohne Unterlass in der Seele mit dem einzig Wichtigen beschäftigt, mit sich selbst und mit dem rätselhaften Zusammenhang ihrer eigenen Person mit der Welt ringsumher. Finder und Weise kehren mit den Jahren der Reife zu dieser Beschäftigung zurück. Die meisten Menschen aber vergessen und verlassen diese innere Welt des wahrhaft Wichtigen schon früh für immer und irren lebenslang in den bunten Irrsalen der Sorgen, Wünsche und Ziele umher, deren KEINES in ihrem Innersten wohnt, deren KEINES sie wieder zu ihrem Innersten und nach Hause führt " (Hermann Hesse).
Aktuelles
Kinder die in schwierigen Familienverhältnissen leben würden, seien häufiger von ADHS betroffen. Bei Jungen würde die Diagnose ADHS dreimal mehr als Mädchen gestellt. Kinder von Alleinerziehenden würden häufiger an ADHS leiden als Kinder die mit beiden Eltern aufwüchsen. So fehle z.B bei Alleinerziehenden auch die Zeit für Aufmerksamkeit und Unterstützung. Hinzu kämen die Probleme durch die Trennung und Abwesenheit eines Elternteils. Kinder von Alleinerziehenden hätten deutlich häufiger das Medikament RITALIN verordnet bekommen, als Kinder die mit ihren Eltern zusammen leben würden. Dies lege den Satz nahe, dass RITALIN (Medikament) möglicherweise aus der Not heraus schneller eingesetzt werde und vor Erziehung komme, da Zeit und Umfeld fehle (Meldung Ärzteblatt vom 2010-06-02).
Letzte Änderung am Freitag, 06 September 2013 01:18
Weitere Informationen
- Textquelle: Ärzteblatt 2006; 103(36): A2298-2301
- Textquelle 2: Hier die Textquelle
- Textquelle 3: Hier die Textquelle